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10:30 Ringlokschuppen, Mülheim an der Ruhr, Bühne 1
Tischgespräch

Man kann sich kaum ein Recht vorstellen, welches im gegenwärtigen globalen Zeitalter häufiger verletzt wurde als das Recht auf Mobilität

Nikita Dhawan: Die Aufklärung vor den Europäer*innen retten

In diesem Sinne sind Migrant*innen die Träger*innen der Botschaft der Aufklärung, die auf dem kosmopolitischen Recht beruht, sich ohne Angst frei über Grenzen hinwegzubewegen, obgleich das humanitäre Desaster, welches sich direkt vor der Haustür Europas ereignet, wieder einmal einen Verrat an den Aufklärungsprinzipien signalisiert. Die Schiffbruchtragödien vor den Küsten Europas markieren ein Scheitern der aufklärerischen Selbstverpflichtung gegenüber der Menschheit und gegenüber einem universellen Humanismus. Wir sind wieder einmal Zeug*innen einer Krise der europäischen Behauptung, Garant der globalen Gerechtigkeit, der Menschenrechte und der Demokratie zu sein. Die Enttäuschung über Europa nach dem Kolonialismus und dem Holocaust rückt so erneut in den Mittelpunkt. Die gegenwärtige Grenzpolitik der EU läuft darauf hinaus, Migrant*innen im Namen der Sicherung der europäischen Grenzen sterben zu lassen. In meinem Vortrag werde ich argumentieren, dass die Bootsunglücke im Mittelmeer eine makabre Erinnerung daran sind, dass nicht nur die Migrant*innen, sondern ebenfalls die Geltung der Aufklärungsprinzipien im postkolonialen Europa bedroht sind.

Nikita Dhawan hat den Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte an der TU Dresden inne. Ihre Schwerpunkte in Lehre und Forschung sind globale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Demokratie und Dekolonisation. 2017 wurde sie mit dem Käthe-Leichter-Preis für herausragende Leistungen in der Frauen- und Geschlechterforschung sowie für die Unterstützung der Frauenbewegung und die Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter ausgezeichnet. 2023 bekam sie die Gerda-Henkel Visiting Professorship an der Stanford University und die Thomas-Mann-Fellowship.

Ausgewählte Publikationen: „Impossible Speech: On the Politics of Silence and Violence“ (2007), „Decolonizing Enlightenment: Transnational Justice, Human Rights and Democracy in a Postcolonial World“ (Hrsg., 2014), „Reimagining the State: Theoretical Challenges and Transformative Possibilities“ (Hrsg., 2019), „Rescuing the Enlightenment from the Europeans: Critical Theories of Decolonization“ (in Vorbereitung).

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